VON JEREMIAS RENNER
Wenn man das große
Ganze betrachtet, ist die Entlassung von Fredi Bobic beim VfB
Stuttgart eine absolut konsequente, logische und
dringend notwendige Entscheidung.
Nach der erfolgreichen Ära von
Horst Heldt, die die Glanzlichter Meisterschaft 2007 und
Champions-League-Qualifikation 2009 aufzuweisen hat, wurde Fredi
Bobic im Sommer 2010 auf den Stuhl des Managers berufen. Seitdem
konnte der Verein nie wieder den hohen Erwartungen gerecht werden,
die letzlich auf diese erfolgreiche Zeit zurückzuführen sind. Seit
Bobic am Ruder war, hat der VfB es geschafft, sich von einer
Mannschaft, die stets in der oberen Tabellenhälfte zu finden war und
immer um die internationalen Plätze mitgespielt hat (Platzierungen
2002-2010: 8, 2, 4, 5, 9, 1, 6, 3, 6), zu einer grauen Maus zu
mausern, die immer aufpassen muss, nicht in den Abstiegskampf zu
rutschen (Platzierungen 2011-2014: 12, 6, 12, 15). So hart das klingt
für den erfolgsverwöhnten VfB-Fan der 2000er Jahre, der sechste
Platz 2012, als Winterzugang Vedad Ibisevic die Cannstatter Jungs
quasi im Alleingang nach Europa schoss, war bei Licht betrachtet eher
ein Ausreißer nach oben.
Nun kann man einen Manager natürlich nicht nur an Tabellenplätzen messen. Fredi Bobic hatte gleich von Anfang an richtig miese Bedingungen vorgefunden, die ihm sein Vorgänger Horst Heldt freundlicherweise überlassen hatte, als er dem Ruf des Geldes erlag und nach Schalke ging. Oder flüchtete, auch das scheint im Rückblick eine passende Vokabel zu sein. Gut möglich, dass Heldt ahnte, was da auf ihn zugekommen wäre. Denn nach den dicken Jahren, unter anderem mit der Champions League 2009/10, saßen einige Spieler auf fetten Gehältern, die der VfB nur im Falle erneuter Teilnahmen hätte stemmen können, ohne ordentlich zu bluten. Ein Mario Gomez war schon 2009 zum FC Bayern abgewandert, Sami Khedira folgte nach der WM 2010 und ging nach Madrid.
Nun kann man einen Manager natürlich nicht nur an Tabellenplätzen messen. Fredi Bobic hatte gleich von Anfang an richtig miese Bedingungen vorgefunden, die ihm sein Vorgänger Horst Heldt freundlicherweise überlassen hatte, als er dem Ruf des Geldes erlag und nach Schalke ging. Oder flüchtete, auch das scheint im Rückblick eine passende Vokabel zu sein. Gut möglich, dass Heldt ahnte, was da auf ihn zugekommen wäre. Denn nach den dicken Jahren, unter anderem mit der Champions League 2009/10, saßen einige Spieler auf fetten Gehältern, die der VfB nur im Falle erneuter Teilnahmen hätte stemmen können, ohne ordentlich zu bluten. Ein Mario Gomez war schon 2009 zum FC Bayern abgewandert, Sami Khedira folgte nach der WM 2010 und ging nach Madrid.
Der VfB hatte die
beiden prägendsten Figuren der Vorjahre verloren, zwei, mit denen
man unter anderem die Meisterschaft 2007 verband. Ihre Ablösesummen
von insgesamt knapp 50 Millionen Euro waren da nur ein schwacher
Trost, schließlich flossen sie auch zu großen Teilen in den
Stadionumbau, der bis zur Neueröffnung der Mercedes-Benz-Arena 2011
Unsummen verschlang. Hätte man trotzdem mehr wagen müssen, und das
Geld in Stars reinvestieren? Schwer einzuschätzen für einen jungen,
unerfahrenen Manager wie Bobic, und vor allem schwer durchzubringen
gegen Autoritäten wie Finanzchef Ulrich Ruf, der, wie die
Stuttgarter Zeitung jüngst süffisant kommentierte, seit „gefühlt
kurz nach dem Krieg“ in der Mercedesstraße über das
Vereins-„Kässle“ wacht.
Bobics erste Saison
war eine, die man nicht einmal seinem schlimmsten Managerfeind auf
den Leib wünschen will. Aufgrund des immer deutlicher Richtung
Abstiegsränge zeigenden Schlingerkurses sah er sich gezwungen,
Trainerfuchs Christian Gross noch während der Hinrunde 2010/11
entlassen, eine Entscheidung, die viele Fans an die wohl ebenfalls
vorschnelle Entscheidung gegen Meistertrainer Armin Veh in der
Hinrunde 2008/09 erinnerte. Was dann kam, gab vielen Recht in ihrer
Meinung: Auch der bis dahin als Jugendtrainer arbeitende, unerfahrene
Jens Keller konnte der Mannschaft kein neues Leben einhauchen, bekam
aber auch keine Zeit. Nach nur neun Bundesligaspielen war der
Geduldsfaden schon wieder gerissen und man holte in Bruno Labbadia
einen Trainer, der bei seinen vorherigen Stationen Hamburg und
Leverkusen jeweils zwar gute Ansätze gezeigt hatte, aber auch keinen
langfristigen Erfolg gehabt hatte. Und das direkt vor zwei Spielen
gegen den FC Bayern München: Im DFB-Pokal und in der Liga hagelte es
mit 3:5 und 3:6 zwei deutliche Niederlagen. Dann ging es in die
Winterpause, und die Wettanbieter hatten den VfB auf der
Abstiegskandidatenliste ganz weit oben, doch irgendwie schaffte
Labbadia es, das rettende Ufer zu erreichen. Eine erste Saison, wie
sie symptomatischer für die Ära Bobic nicht hätte sein können.
Ebenfalls
symptomatisch für seine gesamte Amtszeit war Bobics erster
Transfersommer 2010. Neben Khedira gingen andere Größen wie Alex
Hleb, Jens Lehmann, Roberto Hilbert und Ricardo Osorio. Bobic holte
in Johan Audel und Philipp Degen zwei absolute Voll-Flops und tätigte
mit der Verpflichtung von Mauro Camoranesi einen sogenannten
„Königstransfer“, für den er von allen Seiten nur Kopfschütteln
erntete. Der in die Jahre gekommene Italiener hatte für die vielen
Millionen Gehalt außer seinem klangvollen Namen inklusive dem
Prädikat „Weltmeister“ und einer roten Karte wegen einer
Notbremse leider nicht mehr viel zu bieten. Zudem holte Bobic in
jenem Sommer in Martin Harnik und Christian Gentner zwei Spieler, die
sich durchsetzen konnten und inzwischen zu Führungsspielern gereift
sind, die aber auch mit die prominentesten Gesichter der erfolglosen
Mannschaft der 2010er Jahre sind.
Man kann ja nicht
einmal sagen, dass Bobic auf dem Transfermarkt alles falsch gemacht
hat. Neben einigen weiteren Flops wie Tim Hoogland, Tunay Torun, Mo
Abdellaoue und Sercan Sararer (die letzteren zumindest bisher) waren
doch auch einige Glücksgriffe dabei: Alexandru Maxim, Carlos Gruezo,
Vedad Ibisevic oder William Kvist, Tamas Hajnal und Ibrahima Traoré
konnten der Mannschaft nach ihrer Verpflichtung sofort weiterhelfen.
Auch die Vertragsverlängerung mit Timo Werner muss Bobic als
Verdienst angerechnet werden.
Dennoch: Trainer
kamen und gingen, Bobic blieb, und mit ihm der Misserfolg. Dass
all die Jahre irgendetwas ganz gehörig schief gelaufen sein muss am
Cannstatter Wasen, das zeigt allein ein Blick auf die aktuelle
Torschützenliste der Bundesliga. Da tummeln sich auf den Plätzen
eins und zwei Stürmer wie Shinji Okazaki und Julian Schieber. Mit
zusammen acht Toren nach fünf Spielen – gefühlt sind das mehr,
als sie in all ihrer Zeit beim VfB geschossen haben. Das sind nur
zwei der Spieler, die in den letzten Jahren regelmäßig als zu
schlecht für die Startelf der
Roten befunden und dann
verkauft wurden. Weitere
Beispiele aus dieser Kategorie gefällig? Ermin Bicakcic. Bernd
Leno. Sebastian Rudy, der am
Wochenende das 0:1 für Hoffenheim in der Mercedes-Benz-Arena
vorbereitete.
Lag
es an der Luft in Bad Cannstatt, dass jemand wie Shinji Okazaki
jahrelang hinter den Erwartungen zurückblieb, um dann in Mainz auf
Anhieb einzuschlagen? Liegt es am schwäbischen
Essen? Oder liegt es
vielleicht am Sportvorstand?
Für
die Fans war die Antwort schon lange klar. Nun hat der Vorstand mit
Bobics Entlassung die selbe Antwort gegeben. Unter dem Druck des
Commando Cannstatt, das Bobic vor Wochenfrist öffentlich an den
Pranger stellte und schon lange versuchte,
ihn zum
Sündenbock zu machen? Unter dem Druck des miserablen Saisonstarts?
Fest steht, der Zeitpunkt der Entlassung ist mehr als unglücklich.
Doch Bobic war nicht mehr tragbar. Er ist das Gesicht des Misserfolgs
und des Schönredens der letzten Jahre. Er
hat alles gegeben, aber wenig erreicht. Danke für nichts also? Bobic
hat vier Jahre lang die Knochen für den VfB hingehalten, als es
nicht lief. Am Ende war er vielleicht der falsche Mann. Dafür kann
er natürlich nichts. Und dass er nicht allein an allem Schuld war,
wird sich zeigen, wenn ein neuer Mann kommt, und die alten
Probleme bleiben. Sollte es jenem neuen Mann, ob er nun Lehmann,
Rangnick oder Mustermann
heißen wird, aber doch gelingen, gemeinsam mit Armin Veh aus der von
Bobic zusammengestellten Mannschaft das rauszuholen, was sie
eigentlich kann (so ähnlich wie in Dortmund), wird sich bei Bobic
sicher niemand bedanken. Wundern wird ihn das nicht, denn wenn er
eines gelernt hat beim VfB, dann jenes: Undank ist der Welt Lohn.
Der Zeitpunkt des Rauswurfs ist zumindest mal ein Zeichen von fehlendem Fingerspitzengefühl, dass Bobic nicht der richtige auf dem Posten ist, hat der Vorstand eigentlich eher zu spät erkannt.
AntwortenLöschenUnd ja, die Fans haben viel Macht in Stuttgart. Ob das gut oder schlecht ist? Ich weiß es nicht.