VON JAWIN SCHELL:
Fredi Bobic
ist kein furchteinflößender Typ.
Seine
Gesichtszüge wirken immer ein wenig verschmitzt und in jeder Aussage ist bei
dem gebürtigen Serbokroaten, der seit frühester Kindheit in Stuttgart-Bad Cannstatt
aufwuchs, ein angenehmes Schwäbeln durchzuhören.
Dass der frühere
Nationalstürmer auch anders kann, mussten im Laufe seiner Tätigkeit als
Sportdirektor und Vorstand Sport beim VfB Stuttgart schon einige erfahren. Man
mag sich an Bruce Banner und „the incredible Hulk“ erinnert fühlen. Sieht Bobic
sich oder sein Team ungerecht behandelt, wird, um es salopp im Jargon einer
großen deutschen Tageszeitung mit vier Buchstaben auszudrücken, aus dem „ friedlichen
Fredi“ ganz schnell „ Bombarden-Bobic“.
Zuletzt geriet auch
Drittliga-Emporkömmling und Red Bull- Ableger RB Leipzig unter heftigen
Beschuss aus dem Schwabenland. Grund war ein angeblicher Abwerbeversuch zweier Stuttgarter
U-13 Jugendspieler seitens der Sachsen. Bobic nahm vor allem Anstoß am Alter
der Spieler Luca Piljek und Melvin Ramusovic: „ Es geht hier um Zwölfjährige, die abgeworben werden sollen“
und fand es „absolut unverantwortlich“ diese „ohne Not aus ihrer gewohnten
Umgebung zu reißen!“.
Pikant war die Situation auch weil, seit Anfang
2013, mit Thomas Albeck und Frieder Schrof zwei ehemalige VfB- Mitarbeiter die
Nachwuchsarbeiter der Leipziger „Bullen“ koordinieren. Schrof war es auch der
die Vorwürfe sofort zu entkräften suchte und erklärte: "Es ist
haarsträubend zu glauben, dass wir bereits in dieser Altersklasse Talente
abwerben wollen." Vielmehr hätten die beiden Spieler nur in den
Schulferien ihren nach Leipzig gewechselten ehemaligen Jugendtrainer Aljoscha
Spilevski besuchen wollen und bei dieser
Gelegenheit den Wunsch geäußert bei RB „ mal mit zu trainieren“. Für ihn sei „das
Thema damit auch erledigt“.
Man mag diese Version der Geschichte wenig
glaubhaft finden und doch steht Aussage gegen Aussage. Und obwohl in solchen
Fällen in dubio pro reo gelten sollte, ist Bobics Attacke genau das
richtige Zeichen. Denn in Zeiten, in denen Real Madrid ein neunjähriges
japanisches Wunderkind verpflichtet und der große Rivale Barcelona mit einem
gleichaltrigen „Irish-Messi“ kontert,
bekommt das schöne Wort Transferwahnsinn eine ganz neue Bedeutung.
Dabei ist in
diesem Alter eigentlich noch gar nicht erkennbar, ob der Weg zum Profifußballer
überhaupt möglich ist. Die wirkliche Auslese findet erst in der B- oder
A-Jugend, wenn aus Kindern und Jugendlichen junge Männer geworden sind, statt.
Nicht umsonst gibt es in der Bundesliga eine Art Gentleman-Agreement möglichst keine
Spieler aus den Nachwuchsleistungszentren abzuwerben.
Auch UEFA-Chef und
vorrausichtlicher Kandidat auf das Amt des FIFA-Präsidenten Michel Platini ließ
verlauten: „Ich bin grundsätzlich gegen den Transfer von
Minderjährigen.“ Doch der 58-jährige ist als Fußballromantiker
verschrien und im heutigen, stark wirtschaftsorientierten Profifußball zählt
vielerorts vor allem das Geschäft.
Schlagwörter wie Entwurzelung und Ausbeutung erzeugen hier teilweise nur ein müdes Lächeln. Umso wichtiger ist, dass die Nachwuchsspieler in Deutschland die Möglichkeit bekommen, sich in einem stabilen Umfeld in den Leistungszentren ihrer Stammvereine entwickeln zu können.
Schlagwörter wie Entwurzelung und Ausbeutung erzeugen hier teilweise nur ein müdes Lächeln. Umso wichtiger ist, dass die Nachwuchsspieler in Deutschland die Möglichkeit bekommen, sich in einem stabilen Umfeld in den Leistungszentren ihrer Stammvereine entwickeln zu können.
Das Haifischbecken Bundesliga, mitsamt
seinem nervenzehrenden Transferhickhack, lernen die Talentiertesten unter ihnen
sowieso früh genug kennen.
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