Montag, 11. November 2013

Alles Gute Philipp Lahm!

VON JAWIN SCHELL:

Picasso und Beethoven (beide 1,62), Charlie Chaplin (1,65) und Martin Luther King (1,69). Oft sind es die kleinen Männer, die fähig sind Großes zu leisten. Auch Hitler, Stalin und Napoleon maßen weniger als 175 Zentimeter. Doch bei ihnen äußerte sich das Gefühl des scheinbaren Zukurzgekommenseins in einem aggressiven, unstillbaren Machthunger und führte in historische Abgründe.



Das vermeintliche Manko der geringen Körpergröße jedoch als intrinsischen Motivationsgrund beim Urmünchner und bayerischen Weltklasseverteidiger Philipp Lahm (1,70) festzumachen wäre hingegen nun wirklich genauso falsch wie ihm einen „Napoleon-Komplex“ vorzuwerfen.
Lahm möchte nichts kompensieren.

 Er muss auch nichts kompensieren, denn er läuft und spielt seit Jahren ähnlich zuverlässig und präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Seine große Stärke liegt im Hang zur Perfektion. Wäre die Bundesliga eine Schulklasse, wäre er Lehrerliebling, Klassenprimus und Schülersprecher zugleich. Keine Fehlzeiten, keine Verhaltensauffälligkeiten, nur Bestnoten. Eine Suche nach schlechten Spielen Lahms endet schnell bei Metaphern voller Nadeln und Heuhaufen. Spielt Lahm nicht gut, spielt er allerhöchstens unauffällig. Im heutigen Fußball voller Westermanns und Sobiechs bei Verteidigern nicht unbedingt das schlechteste Prädikat. 

Auch Lahms großer Förderer und ehemaliger Jugendtrainer, der „Tiger“ Hermann Gerland meint der Außenverteidiger “hätte außerhalb des Platzes nie Mist gemacht, nie Flausen im Kopf gehabt“. Gerade deshalb ist Lahms Karriere, bis auf leichte Störgeräusche um Kapitänsbinden und Buchveröffentlichungen, bemerkenswert schnörkellos verlaufen.  Vom Münchner Lausbub aus der Jugendabteilung des FT Gern zum Weltstar mit spärlichem Bartwuchs und Kapitän der aktuell wohl besten Mannschaft der Welt, musste er nur den Umweg über den VfB Stuttgart nehmen. 

In der Nationalmannschaft ist er seit seinem ersten Länderspiel Stammkraft, verkörpert wie kein Zweiter die Zäsur zwischen dem Kampf-und-Krampf-Fußball der frühen 00er Jahre und der Wiederkehr Deutschlands in den Zirkel der großen Fußballmächte und ist auch hier  inzwischen Kapitän.

 Als Anführer ist er ein Leisesprecher und vertritt, zumindest nach außen hin, das Konzept der flachen Hierarchien. Philipp Lahm ist niemand der um jeden Preis auffallen will. Trotzdem ist die Resonanz auf den Sohn eines Fernmeldetechnikers im Ausland gewaltig. Nicht umsonst klopften zahlreiche der anderen europäischen Granden an. Auch Pep Guardiola, Lahms heutiger Trainer, wollte ihn zum FC Barcelona lotsen. 

Vergeblich. Philipp Lahm, der Münchner Junge, wird die Karriere in seiner Geburtsstadt beenden. Wäre die Riege der internationalen Klassefußballer ein Autosalon, wäre Lahm ein Mercedes. Gediegen, solide, manchmal unauffällig und trotzdem voller Kraft. Eine perfekt geölte Maschine, deutsche Ingenieurskunst.


 Ein Spieler ohne den wir uns den deutschen Fußball gar nicht mehr vorstellen können und wollen.
Alles Gute zum 30.Geburtstag Philipp Lahm!

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